Nach einem monatelangen Aussetzer kann es nun wieder weitergehen mit dem geförderten Breitbandausbau. Die heute vorgestellte „Gigabitförderung 2.0“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) stellt die staatliche Hilfe neu auf und erweitert die Unterstützung auf alle Gebiete, die noch nicht gigabitfähig sind – also auf weite Teile des Bundesgebiets.
Als Sicherung gegen einen „Förder-Tsunami“ und schlagartig leere Fördertöpfe sollen Ausbauprojekte mittels eines neuen Kriterienkataloges inklusive einer Potenzialanalyse bewertet werden, zudem werden Länderobergrenzen für die Förderung eingeführt. Für das laufende Jahr sind weiterhin drei Milliarden Euro an Subventionen eingeplant.
Heiß-kaltes Förderprogramm
Seit 2015 fördern Bund und Länder den Internetausbau in unterversorgten Gebieten. Zwar hatte das Unterfangen mit anfänglichen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen, im Herbst wurde es aber Opfer des eigenen Erfolgs. Zu viele Kommunen hatten Anträge auf Förderung gestellt und damit das Jahresbudget vorzeitig aufgebraucht. Seit Oktober liegt die Unterstützung des Bundes deshalb auf Eis.
Obendrein fielen wie geplant im Januar die sogenannten Aufgreifschwellen weg. Seitdem sind grundsätzlich alle Gebiete förderfähig, wo noch keine Gigabit-Leitungen liegen. Für die Umstellung war jedoch eine neue Förderrichtlinie notwendig, denen auch die Länder zustimmen mussten. Und die wehrten sich eisern gegen einige Pläne des BMDV, allen voran gegen eine verbindliche Potenzialanalyse.
Mit diesem Instrument wollte Digitalminister Volker Wissing (FDP) praktisch das bisher gängige Markterkundungsverfahren ablösen. Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Ansätzen: Während ersterer lediglich auslotet, ob ein bestimmtes Gebiet potenziell eigenwirtschaftlich ausgebaut wird und deshalb gar nicht gefördert werden muss, fragt letzteres Verfahren verbindliche Ausbaupläne der Netzbetreiber ab.
Abgeschwächte Potenzialanalyse
Künftig soll beides zum Einsatz kommen. Vor einem Förderantrag müssen Kommunen auf Basis der Potenzialanalyse und des Gigabit-Grundbuchs verpflichtend einen sogenannten Branchendialog durchführen, sich also mit Netzbetreibern an einen Tisch setzen. Sollte sich hierbei keine Lösung finden, können Kommunen ein offizielles Markterkundungsverfahren starten, das mindestens acht Wochen laufen muss. Zeichnet sich kein ausbauwilliger Betreiber ab, lässt sich schließlich ein Förderantrag stellen. Vor Juni ist also kaum mit neu bewilligten und staatlich bezuschussten Ausbauprojekten zu rechnen.
Die weitere Verteilung der Mittel übernimmt ein neuer Kriterienkatalog. Demnach sollen vor allem Kommunen mit einem hohen Anteil weißer Flecken (unter 30 MBit/s) eher den Zuschlag erhalten als besser ausgebaute Gebiete. Weniger stark gewichtet werden Kriterien wie die Schließung verbleibender Versorgungslücken in Restgebieten oder die Unterstützung dünn besiedelter Gebiete, wie sich dem Katalog entnehmen lässt.
Insgesamt soll das die Gigabitförderung „besser, zielgerichteter und effizienter“ machen, verspricht Digitalminister Wissing. Zumindest die Industrie nimmt es ihm nur bedingt ab. So enthalte das neue Förderprogramm „keine wirksamen Mechanismen“, um Fördermittel zielgerichtet in die Kommunen zu bringen, moniert der Betreiberverband Breko (Bundesverband Breitbandkommunikation). Weder spiele die Potenzialanalyse eine relevante Rolle bei der Priorisierung der Fördermaßnahmen, noch habe das BMDV die knappen Tiefbaukapazitäten hinreichend berücksichtigt.
Industrie kritisiert Betreibermodell
Auch der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (Vatm) ist nicht glücklich. Für einen funktionierenden, zeitlich verzahnten Ausbau von geförderten und privaten Projekten brauche es zum einen „einfache pauschale Förderung zum Beispiel pro Meter Tiefbau, wenn nur einige wenige Förderanschlüsse benötigt werden“, zum anderen eine maximal beschleunigte Förderung. „Sonst bleibt der elementare Konstruktionsfehler im sogenannten Kriterienkatalog erhalten und es werden sogar neue weiße Flecken entstehen“, sagt der Vatm-Geschäftsführer Jürgen Grützner.
Und noch etwas schmeckt manchen Betreibern nicht: So wird das sogenannte Betreibermodell etwas besser gestellt. Mit diesem weniger oft genutzten Fördermodell bauen die Kommunen ihre Infrastruktur selbst und können sie anschließend verpachten. Bislang mussten sich die Kommunen jedoch nach Ablauf des Pachtvertrags „bemühen“, das eigene Netz zu verkaufen. Diese Klausel entfällt nun. Aus Sicht des Vatm werde damit die „in Deutschland einmalige Zersplitterung des Marktes“ perpetuiert und „das Ziel des sinnvollen Zusammenwachsens der Netze konterkariert“, so Grützner.
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